Ausflugtipps in unsere nähere Umgebung
Niedermittlau
Seit 1970 ein Ortsteil von Hasselroth Meine Erinnerungen an früher und an Besuche bei meinen Großeltern |
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Wer der Hauptstraße
durch Niedermittlau folgt, der kommt an der eher unscheinbaren
Steinkirche mit dem gestuften Giebel vorbei – die evangelische
Laurentiuskirche (benannt nach Laurentius, dem Märtyrer im 3. Jahrhundert,
der Kirchenschätze an die Armen verteilt hatte). Dass man hier eines der
ältesten kirchlichen Gebäude im Kinzigtal vor sich hat, erschließt sich erst
auf den zweiten Blick, denn das Kirchenschiff wurde 1780 neu erbaut, nachdem
das Vorgängergebäude u.a. im 30-jährigen Krieg schwere Schäden erlitten
hatte. Die Laurentiuskirche
war über Jahrhunderte die Pfarrkirche des Kirchspiels Niedermittlau, zu dem
die Gemeinden Niedermittlau, Gondsroth, Neuenhaßlau, Hailer und Meerholz
gehörten – Hailer und Meerholz wurden 1744 zu einem eigenen Kirchspiel abgetrennt,
nachdem die Schlosskirche in Meerholz für die Bevölkerung geöffnet worden
war. |
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Der älteste Teil
der Kirche ist zweifelsfrei der Kirchturm, der durch eine Steinmaske
auffällt. Ein auf der Ostseite des Turms gefundenes Löwenrelief (vermutlich
ein Hinweis auf die Grafen von Selbold) weist auf eine Erbauung in
fränkischer Zeit hin – man datiert ihn auf das Jahr 1030. Die romanischen
Schallöffnungen im früher mal verputzten Turm sind noch erhalten.
Ursprünglich war der Turm wahrscheinlich auch Schutz- und Wehrturm, der den
Sälzerweg, der von Bad Orb nach Seligenstadt an den Main führte, beschützen
sollte. |
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Eine alte Postkarte
zeigt das Innere der Laurentiuskirche vor der Renovierung, so wie ich
sie als Kind noch erlebt habe. Man kann rechts und links noch die
vergitterten Stände oder „Stühle“ erkennen, auf denen hinter verschiebbaren
Holzgittern nur die Angehörigen bestimmter Familien, die wegen ihrer Stellung
besonderes Ansehen hatten, Platz nehmen durften – z.B. die Grafen von
Ysenburg-Meerholz als Kirchenpatron im Grafenstuhl oder die Nachkommen des
Georg Daniel Hörle (*1660), dem sehr angesehen gräflichen Kammerrat, im „Hörle-Stuhl“.
Meine Oma hatte dieses Sonderrecht geerbt und saß in der Kirche immer stolz
auf diesem speziellen Platz. Inzwischen wurde
das Kircheninnere gründlich renoviert und erneuert – „Bänke durch Stühle
ersetzt“. Ich finde, dass die Kirche dadurch viel verloren hat. |
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Ein Schritt zurück
in meine Kindheit ist auch auf dem Foto links festgehalten: Das „Kerchegässi“
(Kirchen-Gässchen) in Niedermittlau. Immer wenn ich bei meinen Großeltern zu
Besuch war, gingen wir durch das schmale Gässchen, in dem es so sehr nach
Kuhstall roch. Es ist ein Verbindungsweg für Fußgänger zwischen der Neugasse
– wegen der Kopfsteinpflasterung auch gerne mal „Schlappergasse“ genannt –
und der Hauptstraße; direkt zwischen Kirche und Backhaus kommt man heraus.
Meine Großeltern benutzten den Weg wenn sie zum Backhaus oder zur Kirche
gingen. Damals war der Weg allerdings nicht geteert! |
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Vom ehemaligen
Backhaus ist nur noch der Backofen erhalten. Im nicht mehr vorhandenen
Fachwerkgebäude war eine Stube für den Nachtwächter vorhanden, der sich hier
an kalten Tagen aufwärmen konnte. Im oberen Stockwerk war die Ratsstube
untergebracht. |
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Die erste
urkundliche Erwähnung der Siedlung „Mitelaha“ (heute Niedermittlau)
datiert auf das Jahr 1151 – also vor fast 860 Jahren. Die fränkische
Endung „-aha“ deutet immer auf Wasser oder Gewässer hin – in diesem Fall
„Mitten im Wasser“. Die Umgebung von Niedermittlau war bis ins 19.
Jahrhundert noch sehr sumpfig. Um dieses nasse Gebiet mit dem Wagen oder
Karren zu durchqueren, mussten Knüppeldämme gebaut werden und Zugdienste
angeboten werden. Das brachte sicher die ersten Siedler. Die Fotos (oben und unten) zeigen die
vermutlich ältesten Teile des Ortskerns, die rund um die Kirche und ihren
fast 1000-jährigen Turm zu suchen sind. Um das Jahr 1160 wird der Schafhof oder
Nonnenhof – später der „Alte Hof“ – erwähnt. Er befand sich im Besitz
des Nonnenklosters Meerholz und wurde an Schäfer verpachtet. Um 1720 wird der
Hof von J.C.Maldfeld bewohnt – offenbar durch Kammerrat Hörle (Mönchshof)
veranlasst. Noch heute bewohnen Nachkommen der Familie Maldfeld den Hof, die
alten Gebäudeteile werden/wurden aber inzwischen abgerissen. Bereits 1108 wurde
der „Mönchshof“ erwähnt („hart an der Kirchen“), als er zusammen mit
anderem Reichsgut in den Besitz des Klosters Selbold gelangte. Die Auflösung
des Kloster erfolgte 1543 und die Güter der Klosters z.T. an die Grafen
Ysenburg. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde der Mönchshof von der Familie
Hörle bewohnt, die über viele Jahre im Dienste der Ysenburger Grafen standen.
Sie müssen angesehene Persönlichkeiten gewesen sein, die viel für ihre
Gemeinde und die Kirche getan haben – u.a. spendeten sie ein silbernes
Abendmahlsgeschirr. Durch Verheiratung gelangte der Hof später in den Besitz
der Familie Gottfried und Engel, deren Nachkommen noch heute hier wohnen.
Martin Schäfer schreibt 1951: „....die Nachkommen (Anm. der Familie
Hörle) waren bis in die letzte Zeit daran erkennbar, dass sie den
Hörleschen Kirchenstuhl in unserer Kirche benutzten“. |
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An diesem
Fachwerkhaus wird gerade renoviert. Es handelt sich um einen über 200 Jahre
alten „Frankischen Vierkant-Bauernhof“, der typischen Bauweise in
Niedermittlau und den umliegenden Gemeinden. |
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Der jüdische
Friedhof in Niedermittlau zeugt vom friedlichen miteinander im Dorfleben,
das über viele Jahre problemlos funktionierte. Meine Oma erzählte immer von
einer Jüdin, die am Schlachttag heimlich etwas von der Wurstsuppe, die ja
nicht koscher hergestellt war, abbekommen hat. Und trotzdem gab es
vor dem Zweiten Weltkrieg keine jüdischen Familien mehr im Dorf..... |
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Gudrun Kauck 2010 |
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Literaturhinweis: Heimatfestbuch
Niedermittlau zur 800-Jahr-Feier 1951 von Martin Schäfer |
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