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Ausflugtipps in unsere nähere Umgebung – Kirchen

 

Der „Vogelsberger Dom“

Evangelische Kirche in Birstein-Unterreichenbach

 

 

Eigentlich viel groß erscheint in dem kleinen Ort Unterreichenbach die große Kirche mitten im Dorf – im Volksmund als „Vogelsberger Dom“ bezeichnet. Als Hauptkirche eines Kirchspiels mit 15 Gemeinden musste sie über entsprechenden Platz verfügen. Über 1000 Personen finden darin Platz.

 

 

 

Unterreichenbach ist ein Ortsteil von Birstein im unteren Vogelsberg am Reichenbach gelegen.

 

Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte 810 n.Chr. Man kann davon ausgehen, dass bereits im 9. Jhd. die Abtei Fulda in den Besitz von Ländereien in diesem Gebiet gelangte und die erste Kirche erbaut wurde. Später gründete sich ein Kirchspiel, das 15 Ortschaften in einem weiten Umkreis umfasste. Das machte auch eine große Kirche erforderlich. Die heutige Kirche – im Volksmund wegen seiner Größe als „Vogelsberger Dom“ bezeichnet – wurde 1748 erbaut, nachdem die Vorgängerkirche in den vorangegangenen Kriegen schwere Schäden erlitten hatte. Der Kirchenbau ist streng nach der reformierten Lehre von Zwingli und Calvin konzipiert, die seit 1596 anstelle der vorher gültigen lutherischen Lehre eingeführt worden war. Evangelische Pfarrer gab es seit 1544.

 

Patron der Kirche war bis 1803 das Kloster Fulda – danach ging es an den Fürsten von Isenburg–Birstein über. Nachdem der Fürst 1862 zum römisch-katholischen Glauben konvertiert war, wurde die nördliche Tür zum Fürstenstand zugemauert! 2004 hat der Fürst dann erst endgültig auf das Patronat verzichtet.

 

 

 

Die 1748 erbaute Kirche wurde als „reformierter Saalbau“ erbaut. Der rechteckige Kirchenbau hat ein genaues Größenverhältnis von 2:1. Der quadratische Turm (46 m hoch) steht vor der südlichen Längsseite. Auf jeder der vier Seiten führt mittig eine Tür ins Innere. Der gesamte Bau ist aus Bruchsteinen in Verbindung mit Sandsteinen errichtet und war schon immer unverputzt.

 

 

Der erste Eindruck der Kirche ist überraschend: ungewöhnliche Aufteilung, sehr schlichte Gestaltung.

 

 

Man betritt die Kirche durch die südliche Tür genau in der Mitte – und steht direkt vor dem Altar, der sich in der Mitte des Saales befindet und so von allen Seiten gut eingesehen werden kann. Eine Anordnung, die der Gemeinde ermöglicht, sich um den Altartisch als Tisch des Herrn zu versammeln. Zwei Emporen erweitern das Platzangebot auf über 1000 Sitzplätze.

 

Ganz gegen den Zeitgeschmack des Barock ist die Kirche völlig schmucklos gehalten - Fußboden, Bänke, Emporen sind nicht gestrichen, keine Bilder oder Statuen. Einziger Schmuck ist der Kanzeldeckel und die Orgel, die meiner Meinung nach nicht zum Gesamtkonzept passt.

 

Traditionell war (und ist noch?) die Sitzordnung der einzelnen Gemeinden des Kirchspiels. Niemand hätte es gewagt, sich auf einen anderen Platz zu setzen! Die Bankblöcke waren den zur Kirchengemeinde gehörenden Dörfern zugeordnet. Die weiblichen Gemeindemitglieder saßen im Kirchenschiff, die verheirateten Männer auf der ersten Empore, die unverheirateten Männer und die männlichen Jugendlichen auf der 2. Empore.

 

 

 

 

Seit ihrer Erbauung vor über 250 Jahren hat es kaum Veränderungen an der Kirche gegeben – nicht einmal eine Heizung wurde eingebaut. So vermittelt das Gebäude noch heute einen genauen Eindruck von der reformierten Kirche, die Altar und Kanzel in den Mittelpunkt des Raumes rücken.

 

 

 

Wie alle mittelalterlichen Kirchen wurde auch die Vorgängerkirche des heutigen Kirchenbaus als Grablege genutzt. Die mittelalterlichen Grundherren – später die Birsteiner Grafen – wurden bis kurz vor Abriss des Gebäudes 1742 noch dort beerdigt. Sechs Grabplatten sind noch erhalten und stehen heute im Erdgeschoss des Turmes.

 

Am eindrucksvollsten ist aber der erhaltene Epitaph mit den lebensgroßen Figuren von zwei Frauen und einem Kind. Die Grabplatte aus dem 14. Jahrhundert stammt vermutlich von den Weilnauer Grafen, die damals Grundherren waren. Vermutlich handelt es sich um die 1364 verstorbene Margarete von Weilnau und eine 1362 verstorbene Greta von Weilnau. Das Kind wird als „gretichein“ bezeichnet.

 

Bekannt ist der „Vogelsberg Dom“ u.a. durch das jährliche „Anlassen“, ein Motorradfahrer-Gottesdienst. Außerdem finden viele Konzerte in dem eindrucksvollen Gebäude statt.

Wer dem „Vogelsberger Südbahnradweg“ von Wächtersbach nach Hartmannshain folgt, kommt auch am „Vogelsberger Dom“ vorbei.

 

Das ehemalige Gerichtsrathaus aus dem Jahr 1728. 1866 wurde das Gericht Reichenbach aufgelöst.

 

 

Gudrun Kauck, 2010

 

 

Öffnungszeiten:

Sonntag ganztägig,

Führungen nach telefonischer Absprache

 

Literaturhinweis:

250 Jahre Vogelsberger Dom, Festschrift zum Jubiläum

 

Homepage der evang. Kirchengemeinde Unterreichenbach

>> http://www.vogelsberger-dom.de

 

Anfahrt:

Bundesstraße B276 bis Birstein

an der katholischen Kirche rechts auf die L 3195 abbiegen (Ulmbach/Unterreichenbach)

ca. 2 Kilometer bis Unterreichenbach

 

 

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