Ausflugtipps in unsere nähere Umgebung
Die
Wegscheide
Bad Orb |
Die Wegscheide ist
ein wunderschönes Fleckchen Erde mitten im Spessartwald auf einer Höhe von
ca. 460 m oberhalb von Bad Orb - ein herrliches Stück Land mit unglaublich
wechselvoller Geschichte. Die Wegscheide
liegt ca. 4,5 km südöstlich von Bad Orb. Eine Wegscheide bezeichnet eine
Weggabelung. Auf dem höchsten Punkt des Wegscheideküppels oberhalb von Orb
zweigt an einer "Wegscheide" die Straße Richtung Flörsbach/Lohr vom
Hauptweg nach Burgjoss/Würzburg ab. Auf der höchsten
Stelle der Wegscheide wurde kurz vor dem ersten Weltkrieg ein Militärlager
eröffnet, das in Verbindung stand mit dem Truppenübungsplatz in Lettgenbrunn.
Es bestand aus einigen Baracken und drei festen Gebäuden, die als
Pferdeställe dienten. Um die großen
Mengen an Baumaterial, Geräten und Munition zur Wegscheide zu befördern,
wurde 1914 eine Seilzugbahn errichtet, die vom Haseltal aus zum
Wegscheideküppel verlief. Seit 1913 wurden hier Übungen für Scharfschützen
abgehalten. Wie in der
Schulchronik von Hesseldorf nachzulesen, unternahm unsere Volksschule
Hesseldorf 1914 sogar einen Schulausflug auf die Wegscheide (ca. 11 km). Man
war stolz auf seine "Krieger". 1918-1920 wurde das
Lager als Durchgangslager für heimkehrende Frontsoldaten genutzt. Die Euphorie des 1.
Weltkrieges war aber schnell vergessen - es blieben Kinder in den großen
Städten des Rhein-Main-Gebietes zurück, die nicht genügend zu Essen hatten
und unter Mangelversorgung und den Folgen des Krieges litten. August Jaspert
aus Frankfurt suchte im Auftrag der "Frankfurter Kinderhilfe" nach
einer Erholungsstätte für diese Kinder. In dem nach dem Krieg
verlassenen Militärlager wurde er fündig. Zwischen 1920 und 1939 konnten sich
Frankfurter Kinder im Rahmen einer Klassenfahrt oder eines Ferienlagers in
der Ruhe und der guten Luft des Spessarts im Kinderdorf Wegscheide erholen. |
Plan der Wegscheide 2015 |
Von 1939 bis 1945
wurde das Gelände wieder von der Deutschen Wehrmacht beansprucht. Die
Wegscheide wurde zu einem Stammlager für Kriegsgefangene (Stalag) IX
B, in dem unter menschenunwürdigen Bedingungen Zwangsarbeiter und
Kriegsgefangene aus Frankreich, Engand und Polen - später auch aus Russland -
untergebracht wurden, die in Fabriken der Umgebung und bis nach Frankfurt
eingesetzt wurden. Die Tagesrationen waren minimal - ein Stück Brot und ein
Teller (Wasser-)Suppe. Dazu kamen die überfüllten, flohverseuchten Baracken und die schwere Arbeit in
den Fabriken. 1943 war die Kapazität des Lagers weit überschritten - es waren
zeitgleich bis zu 24.000 Menschen hier untergebracht. Besonders schlecht
behandelt wurden die russischen Gefangenen, die gar nicht in den Baracken
schlafen durften und sich Kuhlen im Wald gruben, um vor Wind und Wetter etwas
geschützt zu sein. 1430 überlebten diese Tortur nicht. Ihre Gräber befinden
sich auf dem russischen Friedhof ca. 1 Kilometer östlich der Wegscheide. Befreit wurde das
Lager von den Amerikanern am 2. April 1945. Zu dieser Zeit wurden ca. 6000
alliierte Soldaten, darunter ca. 3500 Amerikaner, hier festgehalten. Die
Befreiung wurde sogar im Radio übertragen. |
Nach dem Krieg
wurde das Lager auf der Wegscheide wieder friedlich genutzt. Es wurden Heimatvertriebene
und Flüchtlinge hier vorübergehend untergebracht, ehe sie auf die Dörfer
der Umgebung verteilt wurden. Auf engstem Raum und in Stockbetten schliefen
nun Familien unterschiedlicher Herkunft zusammen - keiner kannte den anderen,
aber bis zu 40 Personen wohnten zusammen in einer Baracke. Zeitweise waren
3000 Personen gleichzeitig hier untergebracht. Noch bis 1949/50 kamen
Heimatvertriebene auf die Wegscheide. |
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Seit 1952 dient das
Lager Wegscheide wieder als Schullandheim der Erholung von
Stadtkindern. Besonders nach dem 2. Weltkrieg waren die Ferienlager im
Spessart wichtig für die Gesundheit der Kinder. Die Baracken sind inzwischen
renoviert oder durch Neubauten ersetzt. Das 35 ha große, weitläufige Gelände mit
Sportanlagen und Spiel- und Grillplätzen wird hauptsächlich von Schulklassen
aus Frankfurt genutzt. |
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Am Tag der offenen
Tür 2015 konnten wir die Anlage besichtigen. Der "Förderverein die
Wegscheider" unterhält die 24 Häuser, die alle nach Frankfurter
Persönlichkeiten benannt sind - z.B. Stolze-Haus, Alles befindet sich in sehr
gutem Zustand und man sieht, dass ständig erneuert und renoviert wird. |
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Der Tag der offenen
Tür war für viele ehemale "Wegscheider" ein Tag des Wiedersehens
oder des wieder Erlebens eines Stücks Kindheit. Wir kamen uns dabei
deplaziert vor !! Dieses Stück Erde unserer allernächsten Heimat hat nichts
mit uns zu tun. Es kommt uns wie eine Insel vor, die von Fremden besiedelt
ist. |
Dass wir uns so
fremd hier vorkamen, kann auch daran liegen, wie hier heute mit der
Geschichte der Wegscheide umgegangen wird. Alles sollte wie Friede, Freude,
Eierkuchen erscheinen und jede Frage nach der Vergangenheit wurde
unterdrückt. "Ach nein, an diese schlimmen Dinge wollen wir heute nicht
denken" war die Reaktion. |
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Der Friedhof der Heimatvertriebenen liegt direkt an der
Wegscheide, ist aber nur über einen Waldweg außerhalb des Lagers erreichbar. |
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Zahlreiche hier verstorbene Heimatvertriebe wurden direkt neben
den Wegscheide-Häusern beigesetzt. |
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Etwa einen Kilometer östlich der Wegscheide befindet sich
dieser Friedhof für
russische Kriegsgefangene. |
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"Hier ruhen 1430 sowjetische Kriegsgefangene, die in der schweren
Zeit 1941-1945 fern der Heimat starben" steht auf dieser Gedenkplatte. Früher stand auf der Tafel: "… die durch die Faschisten
ermordet wurden." |
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Die Verstorbenen sind in Massengräber beerdigt, aber auch noch
heute kommen Verwandte der hier Beigesetzten und besuchen ihre Vorfahren -
wie bei unserem Besuch im April 2015. |
Das Schullandheim
Wegscheide kann nur mit Genehmigung besichtigt werden. Geführte
Wanderungen können die bestehenden Wanderwege über das Gelände nutzen. Einmal im Jahr wird
ein Tag der offenen Tür veranstaltet. Ausführlichere
Informationen über die Wegscheide auf: http://der-weltkrieg-war-vor-deiner-tuer.de.tl/Bad-Orb.htm |
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