Barbarossastadt
Gelnhausen
Gelnhausen Die Schelme von Bergen in Gelnhausen |
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Warum heißt der
"Schelmenmarkt" eigentlich Schelmenmarkt ???? Weil er vom
Geselligkeitsverein "Die Schelme" (die auch für die Fastnacht in
Gelnhausen zuständig sind) ausgetragen wird ?? Nein, aber gar nicht so leicht
zu beantworten. Nach dem 2.
Weltkrieg wollte man in Gelnhausen wieder einen Markt einführen. In Gedenken
an die vor über einhundert Jahren ausgestorbene Familie der Schelme von
Bergen benannte man den ehemaligen Herbstmarkt in "Schelmenmarkt"
um. Seit 1948 findet der Schelmenmarkt nun alljährlich am 2. Wochenende im
Oktober statt. |
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Wieso heißen die
Schelme von Bergen eigentlich "Schelm" - und was bedeutet
"Schelm" eigentlich ? Sicher denkt da
jeder zuerst einmal an den Schelm, diesen listig-lustigen Burschen, der auf
scherzhafte Art die Menschen an der Nase herumführt - so wie Till Eulenspiegel
vielleicht. Aber als das Rittergeschlecht der "Schelme von Bergen"
im 12. Jahrhundert in der Geschichte auftaucht, war die Bedeutung des Wortes
"Schelm" noch eine ganz andere - es bedeutete nichts Gutes. Es
steht für "Leichnam, Tod, Todbringer, ehrloser, böser Mensch".
"Schelmen" heißt "Haut abziehen" und
"schinden". Auch den am Galgen Erhenkten bezeichnete man als
"Schelm". Im 15. und 16. Jahrhundert bezeichnete man auch die
Henker als "Schelm". Von den "Schelmen von Bergen" war
aber niemand Henker, denn die Familie gab es ja schon bevor der
"Beruf" Henker so benannt wurde. Trotzdem muss der
Name mit dem Ursprung der Bedeutung des Namens in Verbindung stehen, denn im
Wappen der Schelme von Bergen sieht man zwei rote Bögen, die als blutige
Rippen gedeutet werden. |
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Wappen der Schelme
von Bergen - im Schild die
roten Bögen (blutige Knochen) und als Helmzier
der zur Seite schauende Hund (hier fälschlich als Drache dargestellt). Der Hund in der
Helmzier kennzeichnete Reichsdienstmannen, die zu den Betreuern des
Reichsforstes "Dreieich" gehörten. Sie hatten bei der Jagd
Jagdhunde für den Kaiser bereitzuhalten. Der Schild mit den
roten Bögen wird auch heute noch beim Schelmenmarkt verwendet. |
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Nur sehr langsam ändert
sich die Bedeutung des Beinamens "Schelm". Es gibt mehrere Sagen,
die über die Familie Schelm von Bergen berichten und in denen versucht wird,
die Ehre der Familie darzustellen. Bei einer dieser Sagen hilft ein Schelm
von Bergen Kaiser Friedrich Barabrossa, der sich im Waldgebiet der Dreieich
verirrt hat. Alle sind entsetzt, dass gerade ein Mann dieses Namens dem
Kaiser geholfen hat, aber Barbarossa adelt ihn und seine Nachkommen für die
geleistete Hilfe. Lange Zeit wird der
"Schelm" im Familiennamen auch einfach weggelassen. Man nennt sich
"von Bergen" Im 14. Jahrhundert
hat man sich mit dem Namen arrangiert und langsam scheint sich dann auch die
Bedeutung des Namens zu ändern. Heute lastet dem Namen "Schelm"
nichts ehrenrüchiges mehr an. |
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Wer waren
eigentlich diese Schelme von Bergen, an die man in Gelnhausen so gerne
erinnern wollte? Die Schelme von
Bergen in Gelnhausen sind seit 1409 in Gelnhausen nachgewiesen. Der als
Raubritter auf dem Otzberg bekannte Sibold V. erhielt vom König ein Lehen in
Gelnhausen: "Ein Haus zur linken Hand, wenn man in die Burg geht, mit
Garten und Zubehör." Der Urenkel von Sibold V., Philipp Schelm von
Bergen, heiratete Amalie von Breidenbach, die als Mitgift den Breidenbacher
Hof auf dem Untermarkt Gelnhausen mit in die Ehe brachte. Der stattliche Hof
wurde dann in "Schelmenhof" umbenannt. Philipps Sohn,
Heinrich Schelm von Bergen, wurde 1559 von Kaiser Ferdinand I. zum
Reichsschultheiß der Reichsstadt Gelnhausen ernannt. Der vornehme
"Schelmenhof" auf dem Untermarkt wurde in dieser Zeit Quartier
vieler hochgestellter Reisenden. Heinrich fiel 1570 in den Hugenottenkriegen
in Frankreich. Sein Sohn Heinrich
Konrad heiratete Johannette von Hutten-Steckelberg. Er eröffnete auf dem
Untermarkt eine Bierbrauerei. Trotz schwerer
Schäden an Haus und Besitz überstanden die Schelme von Bergen in Gelnhausen
den 30 jährigen Krieg. 1692 wurde Carl Philipp Schelm von Bergen überfalls -
wie schon sein Vorfahre - Amtmann und Reichsschultheiß für Gelnhausen und
Burg. Er starb 1715. |
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Sein Sohn Friedrich
Christian war mit seiner Cousine Sophie Dorothea verheiratet. Sie hatten 5
Kinder. Allerdings sollte nun auch in der Gelnhäuser Linie - wie zuvor schon
in den anderen weitverzeigten Linien der Schelme von Bergen - das Schicksal
entscheidend eingreifen. Bei vier der Nachkommen gab es durch verschiedene
Schicksalsschläge keine männlichen Nachkommen. Sohn Johann Carl von Bergen
heiratete erst mit 54 Jahren, aber aus der Ehe gingen 11 Kinder hervor. Zwei
davon starben schon im Kindesalter, eine Tochter starb an Schwindsucht und
zwei weitere starben 1814 an Typhus. Eine Tochter starb kinderlos, da ihr
Mann schon sehr früh verstarb. So kam es, dass der
1781 geborene Christian Ernst Schelm von Bergen (Bild rechts) nun der Letzte
männliche Nachkomme der gesamten Sippe war. Er ging in den Militärdienst und
kehrte schwer verwundet nach Gelnhausen zurück. Er heiratete Marie Luise
Henriette Reitzel aus Wächtersbach geheiratet. Aus der Ehe ging eine Tochter
hervor. |
Wikipedia: Christian Ernst Schelm von Bergen +1844 |
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Christian Ernst
lebte zunächst noch auf dem Schelmenhof in Gelnhausen. Wegen seiner geringen
Einkünfte musste er ihn aber verkaufen. Auch den Junkerhof in Roth, der über
lange Zeit der Familie gehörte, verkaufte er, um seiner Tochter eine Mitgift
und somit eine bessere Heirat zu ermöglichen. Er lebte zuletzt in einer
Mietwohnung in Gelnhausen und war eine allseits geachtete und geschätzte
Persönlichkeit. 1830 konnte er
seiner Heimatstadt noch einmal einen großen Gefallen tun. Infolge der
Aufstände gegen die verhassten Zollämter hatten sich viele Unzufriedene
zusammengetan und wollten das Amt stürmen, um die Akten zu vernichten.
Christian Ernst zog noch einmal seine Uniform an und ging den aufgebrachten
Menschen entgegen, Durch sein besonnenes Auftreten konnte er die Meute
beruhigen und zur Vernunft bringen. Der Sturm auf das Zollamt unterblieb. Der Magistrat der
Stadt Gelnhausen danke ihm, dass er "durch seine Haltung, ohngeachtet
seines kränklichen Zustandes" ein mögliches Blutvergießen verhindert
hatte. |
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Breidenbacher Hof am Untermarkt (Zeichnung von J.E. Ruhl ca.
1830) im StAM |
Lange Zeit war von
dem ehemals vornehmen, großen Schelmenhof nur diese Ruine zu sehen. Aber
selbst an der Ruine konnte man noch erkennen, wie groß und stattlich das
Gebäude einmal gewesen sein musste. Auf dem höchsten
Teil des Baurestes richtete sich eine Storchenfamilie wohnlich ein. Clemens Brentano
soll diese Ruine zu seinem Schloss "Gockelsruhe" in dem Märchen von
"Gockel, Hinkel und Gackeleia" angeregt haben. Kein Märchen ist
die Einkehr von Kaiser Maximilian I., der 1506 hier die Huldigung der
Reichsstadt Gelnhausen entgegennahm. Die Kaiserpfalz war zu dieser Zeit schon
nicht mehr bewohnbar. Der Tross des Kaisers umfasste 550 Pferde. Ihn begleitete Graf Reinhard von
Hanau mit weiteren 100 Pferden. Ein kostspieliger Besuch! |
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Der ehemalige
Schelmenhof bzw. Breidenbacher Hof wurde (Haus Untermarkt 13) wurde zusammen
mit dem Nachbargebäude Nr. 15 wieder aufgebaut. Zeitweise war eine Gaststätte
in dem Gebäude untergebracht - die Restauration "Zur Kaiserpfalz". Beide Gebäude
befinden sich im Privatbesitz. Bei mittelalterlichen Festen oder anderen
Stadtfesten öffnet der noch in der ursprünglichen Form erhaltene Keller und
bietet Gemütlichkeit im mittelalterlichen Ambiente. |
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An der Außenfassade
des ehemaligen Breidenbacher Hofes (später Schelmenhof) auf dem Untermarkt in
Gelnhausen ist noch das Familienwappen des Frederich von Breidenbach von 1468
erhalten. |
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Auf der Nordseite
des Obermarktes erinnert noch ein Hotel mit Gaststätte gleichen Namens an die
Familie "Schelm von Bergen". Ob es eine direkte Verbindung gibt,
konnte ich nicht erfahren, wohl aber, dass es Schelme gab, die dem
alkoholischen Genuss nicht abgeneigt waren. |
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Gudrun Kauck 2016 |
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Literaturhinweis: - "Die
Schelme von Bergen" in Sage, Geschichte und Dichtung, Werner Henschke,
1979 - Zwischen
Vogelsberg und Spessart, Heimat-Jahrbuch des Kreises Gelnhausen, 1952 |
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