Hesseldorf – Unser Stadtteil von Wächtersbach
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Grenzgängerfest am 2. und 3. Oktober 2010 auf dem Sportgelände der SG HWN |
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Das Schild am Ortseingang von Hesseldorf machte auf das Grenzgängerfest
aufmerksam, trotzdem konnten sich viele Hesseldorfer nicht erklären, warum
das ehemalige „Schlachtfest“ umbenannt worden war. |
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Das Sportgelände der SG HWN (Sportgemeinschaft
Hesseldorf-Weilers-Neudorf) liegt in einem Gebiet, das man früher sicher einmal als „Niemandsland“ bezeichnet
hätte – an einer Stelle, an der die drei Gemeinde-Gemarkungen
zusammentreffen. |
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Natürlich stand der Fußball im Mittelpunkt des Geschehens. Am Samstag fand ein „Alte Herren“-Turnier statt, anschließend
gab es ein Elfmeterschießen der Vereine. Am Sonntag fanden die Punktspiele der ersten und der zweiten
Mannschaft statt, die übrigens beide gewonnen wurden. |
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Viele der Besucher waren aber auch gekommen, um sich darüber zu
informieren, warum das Fest nun
„Grenzgängerfest“ hieß. Einen unterhaltsamen und informativen Vortrag über
die Grenzhistorie des HWN hielt Helmut Schneider, der den Vortrag auch
zusammen mit Herbert Geschwindner erarbeitet hatte. |
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Der Ehrenvorsitzende und Mitbegründer des Vereins SG HWN,
Konrad Neumüller, war natürlich auch gekommen. Er hatte für den Verein die
Kopie einer alten Karte mitgebracht, die die ehemaligen Grenzen zeigt. (v.l. Konrad Neumüller, Franz Bös und Helmut Schneider) |
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Diese Grenzsteine zeugen von den historischen Grenzen des
„Königreichs Baiern“ (KB), dem Fürstbistum Fulda (FF), dem Bistum Mainz
(Curmainzerisch – CM) und dem
Forstmeister’schen Besitz (Wolfsangel). |
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Fotos oben und unten: Der Grenzstein von 1868 auf dem Sportgelände „G.N.“ für Gemarkung Neudorf – „G.W.“ – für Gemarkung Weilers (Der Stein ist ein Original, aber nicht alle Inschriften
dürften Originale sein) |
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Hesseldorf – Weilers – Neudorf und die Geschichte der Grenze(n) Seit 1971 gehören
die ehemals eigenständigen Gemeinden Hesseldorf, Weilers und Neudorf als
Ortsteile zur Stadt Wächtersbach und bilden als eng zusammenliegende Dörfer
eine Einheit. Schaut man sich
aber auf alten Karten die Gemarkungsgrenzen von Hesseldorf, Weilers und
Neudorf an, kann man erkennen, dass der Verlauf der Bracht die Grenze
zwischen Hesseldorf und Weilers markierte – der Fahrweg am Sportgelände die
Grenze zwischen Neudorf und Hesseldorf – Weilers. Fast genau an der Stelle, an
der die drei Gemarkungen aufeinander treffen, liegt das Sportgelände der SG
HWN (auf ehemals Neudorfer Gebiet). Ein Grenzstein, den man bei Bauarbeiten
dort fand – ein sogenannter „Dreimärker“ – beweist das. Die
Gemeinden-Gemarkungsgrenzen waren früher aber noch viel bedeutender, denn sie
stellten gleichzeitig die Grenzen zwischen verschiedenen Ländern dar.
Hesseldorf und Weilers gehörten seit ca. 1377 zur Grafschaft Isenburg/Ysenburg (als Erben der
Herren von Büdingen bzw. der Grafen von Trimberg), während Neudorf zusammen
mit Aufenau, dem untergegangenen Ort Hayn und Kinzighausen einen eigenen
Kleinstaat bildeten, der seit 1366 den Herren Forstmeister von Gelnhausen
gehörte. Da die erste Brücke
(vorher gab es nur zeitweise einen Bohlensteg) zwischen Hesseldorf und
Weilers erst 1922 gebaut wurde, musste man, wollte man von Hesseldorf nach
Weilers fahren, das
Isenburgische Land verlassen und über das Forstmeisterliche Land fahren, um
die andere Seite der Bracht zu erreichen. Die einzige Brücke war damals die
noch vorhandene Brücke zwischen Hesseldorf (In der Aue) und dem heutigen
Sportgelände (siehe 2. Foto v.o.). Landesgrenze
bedeutete gleichzeitig auch Zollgrenze!! Schon damals war man also Grenzgänger,
wenn man von einer Gemeinde in die andere wollte. Und da die Erhaltung der
Brücken kostspielig und zeitaufwändig war, wurde dafür bis 1895 „Brückengeld“
erhoben, das sich nach der Art der Benutzung errechnete. |
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Grenzstein mit dem „Mainzer Rad“ oberhalb von Weilers |
Nach dem
Dreißigjährigen Krieg änderten sich die Besitzverhältnisse. Die Herren von
Forstmeister waren in Geldnot. So verkauften sie das Gebiet von Dorf Hayn,
das im 30jährigen Krieg zerstört worden war, die Köhlersau und die Krautländer
nach Hesseldorf zu an die Gräfin
zu Ysenburg und Büdingen. Die Herren von Forstmeister waren seit dem 14.
Jahrhundert im Besitz von Aufenau, mussten im Jahr 1780 aber die
überschuldete Herrschaft an das Kurfürstentum Mainz verkaufen. Nun beginnt eine
wechselvolle Geschichte. 1803 wurde Neudorf „kurmainzerisch“, kam 1810 zum
„Fürstentum Aschaffenburg“, 1813 zum „Großherzogtum Frankfurt“ und wurde
schließlich 1866 dem „Königreich Baiern“ zugeordnet. Hesseldorf und
Weilers gehörten weiterhin zum Familienbesitz der Fürsten von
Isenburg/Ysenburg, die sich 1806 dem Rheinbund anschlossen, um unter den
Schutz von Napoleon zu gelangen. Diese Entscheidung stellte sich als fatal
heraus, denn beim Wiener Kongress 1815 wurden die Kleinstaaten aufgelöst und
die Ysenburger als Landesherren entmachtet. Ihr Gebiet wurde Österreich
zugesprochen! 1816 gelangte das Isenburger Land durch einen Gebietsaustausch
an das Großherzogtum Hessen und wurde „kurhessisch“. |
1866 - im
„Deutschen Krieg“ Österreich gegen Preußen – kämpften sowohl das Königreich
Bayern (Neudorf) als auch das
Großherzogtum Hessen (Hesseldorf und Weilers) auf der Seite Österreichs. Nach dem Sieg Preußens, bzw. dem
schnellen Friedensschluss,
wurden die Gebiete wieder neu verteilt und Hesseldorf, Weilers und
Neudorf gehörten nun gemeinsam von 1866-1918 zum „Königreich Preußen“,
1918-1945 zum „Freistaat Preußen“, 1945-1949 zu „Großhessen“, ehe daraus dann
1949 das Bundesland Hessen entstand.
Die Gemeindegrenzen
bestanden aber weiterhin – besonders in den Köpfen der Bewohner. In Neudorf
sprach man noch lange von „de Ysseborcher“ (den Ysenburgern), wenn man
die Hesseldörfer oder Wächtersbacher meinte. Auch an der
Glaubenszugehörigkeit konnte man noch lange erkennen, wer aus welchem Dorf
kam. „Wess Brot ich ess, dess Lied ich sing“ bedeutete, dass die
Bevölkerung den Glauben des Landesherren annehmen musste – die Grafen von
Isenburg/Ysenburg waren seit 1544 protestantisch, die Herren von Forstmeister
blieben katholisch. Nur ganz langsam konnten auch diese Grenzen überwunden
werden und heute wissen – vielleicht zum Glück !?! – nur noch wenige der
Einwohner von diesen einst so bedeutenden Grenzen. Die
Sportgemeinschaft Hesseldorf-Weilers-Neudorf wurde 1963 gegründet – also
lange vor dem Zusammenschluss mit Wächtersbach 1971 – und verbindet heute
sportbegeisterte Menschen aus den drei Nachbargemeinden. Sehr viel dazu
beigetragen hat der damalige Junglehrer, Vereinsgründer und langjährige
Vorsitzende Konrad Neumüller, der zum ersten „Grenzgängerfest“ auch anwesend
war. Ihm gelang es, aus den Jugendlichen dreier Gemeinden eine
Sport-Mannschaft zu bilden, die ein gemeinsames Ziel hatte/hat – ohne Grenzen
in den Köpfen oder auf dem Papier. Zusammenfassung von Gudrun Kauck 2010 |
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