*

Wächtersbach – Schloss Wächtersbach

 

Schloss Wächtersbach

Schloss und Park 2014

 

 

Am 12.11.2014 hatte die Stadt Wächtersbach zu einem Informationsabend eingeladen, um die Bürger (endlich) über den Stand der Planungen des künftigen Wächtersbacher Rathauses - des Schlosses in Wächtersbach - zu informieren. Die Veranstaltung fand sehr großes Interesse bei den Bürgern von Wächtersbach - der Saal der Heinrich-Heldmann-Halle war voll besetzt.

Bürgermeister Andreas Weiher wartete denn auch mit einigen Überraschungen auf.  Zuerst informierte er über den derzeitigen Stand der Arbeiten: Das Schloss wurde völlig entkernt. Sogar die Fußböden sind entfernt und man kann praktisch vom Dach bis zum Keller durch die Balken blicken, was der Bürgermeister auch mit eindrucksvollen Bilder beweisen konnte. Die Arbeiten wurden vom Landesamt für Denkmalschutz überwacht und unterstützt. Dabei stellte sich das Schloss als wertvoller Baubestand heraus. Im Kellergeschoss fand man Mauern, die auf die Staufer zurückgehen, also die Zeit von Kaiser Barbarossa im 12. Jahrhundert.

Die wahrscheinlich größte Überraschung für die meisten der Anwesenden war dann aber die Mitteilung des Bürgermeisters, dass die Stadt Wächtersbach das renovierte Schloss und die Parkanlage vom derzeitigen Besitzer, der Familie Bruch (Globus), zu einem noch nicht genannten Preis übernehmen werde. Im Gegenzug werde das jetzige Rathaus - nicht aber die Heinrich-Heldmann-Halle (Stadthalle) - an die Firma Globus verkauft.

 

 

Über die historische Bedeutung des Schlosses informierte Frau Ihle-Wirth vom Landesamt für Denkmalpflege in Wiesbaden. Sie erklärte die Beutung der Denkmalforschung gerade bei diesem Gebäude, das Merkmale von Bautätigkeit in vielen Jahrhunderten ausweise. Die wichtigsten Fundstücke sind dabei die Fundamente einer L-förmigen Stauferburg im Kellergeschoss. Dies war in dieser Form bisher noch nicht bekannt und diese Fundstücke aufgrund ihrer Bedeutung für den Ausbau absolut tabu. Staufische Mauern finden sich auch noch im Erdgeschoss.

An diese L-förmige Burganlage wurde in den folgenden Jahrhunderten immer wieder Gebäudeteile angebaut, bis eine vierseitige, geschlosse Anlage entstanden ist. Der Vorteil dieser Bauweise des immer neu Anfügens ist, dass die alten Gebäudeteile in der fast unsprünglichen Form erhalten bleiben.  Im 13. Jahrhundert wurde bereits erweitert und wahrscheinlich auch ein Wassergraben angelegt. Dieser ist für die späteren Jahrhunderte immer nachweisbar. 1480 erfolgte der Anbau von zwei Türmen. Es gibt auf der süd-westlichen Seite eine Zugbrücke mit Pfortenhaus. 1524 wird die Weihe einer Kapelle erwähnt, die aber durchaus auch älter sein könnte. Sie befindet sich auf der nördlichen Seite des Schlosses (Spielplatzseite) im Erdgeschoss. 1816 wird der Bergfried abgerissen. Im 19. Jahrhundert entstehen die Wirtschaftgebäude, Remisenhaus, Marstall, Prinzessinnenhaus - und eine Ehrenpforte wird anläßlich der Erhebung in den Fürstenstand errichtet.

1939 vernichtet ein Brand das Dach und die oberen Stockwerke des Schlosses. Durch Löschwasser entsteht zusätzlich großer Schaden. Die Fürstenfamilie Ysenburg-Wächtersbach zieht nach Büdingen um. Durch den Krieg kommt es zu Verzögerungen in der Wiederherstellung des Daches. Die Renovierung zieht sich durch die gesamte Kriegszeit. Ein ausgebombtes Altenheim aus Frankfurt zieht dann vorübergehend ins Schloss. Nach verschiedenen kurzzeitigen Nutzung zieht der Deutsche Entwicklungsdienst ein und bleibt bis zum Umzug nach Berlin 1977 als Mieter im Schloss. Seit dieser Zeit steht das Gebäude leer.

Der mit vielen Fotos unterstützte Vortrag war sehr informativ und mit viel Sachkenntnis vorgetragen. Besonders die früher-heute Fotos zeigten, wie viel Potenzial in diesen jetzt leeren Wänden stecken kann.

 

Über diesen schmalen Damm (links) werden demnächst die LKWs fahren

 

Architekt Alfred Graf von Soden erklärte danach, wie die vorgesehene Nutzung des Gebäudes als Rathaus aussehen soll. Gleich zu Beginn stellte er fest, dass das Gebäude für "nur" Rathaus viel zu groß ist. Es ist deshalb vorgesehen, auf der westlichen Parkseite im Erdgeschoss einen Gastronomie-Betrieb mit Biergarten einziehen zu lassen. Dadurch würde das Gebäude auch den Wochenenden nicht verwaist wirken. Die Gastronie erhält einen behindertengerechten Zugang unter dem jetzigen Balkon auf der Westseite.

An der nördlichen Parkseite (Spielplatz) ist ein Zugang vorgesehen, über den ein neuer Treppenaufgang erreichbar wird. Zusätzlich gibt es auf der Haupteingangsseite aber noch einen Fahrstuhl.

Die Räume im 2. Stockwerk können teilweise fremdvermietet werden, dort ist aber auch ein großer Veranstaltungsraum für bis zu 200 Gäste geplant - mit toller Sicht auf Marktplatz und Stadt..

Die Räume für die Stadtverwaltung befinden sich im Erdgeschoss (Stadtseite)und  im ersten und teilweise auch im zweiten Stock (Stadtseite) Neben den einzelnen Räumen für die Angestellten gibt es einen Magistrats-Raum für Sitzungen. Das Büro des Bürgermeisters könne man fast mit dem Oval-Office vergleichen - es ist für das Turmzimmer im ersten Stock (nord-östlich) geplant.

Die ehemalige Kapelle und das Turmzimmer (Erdgeschoss, nord-östlicher Turm) werden als Trauzimmer vorgesehen.

Bei der gesamten Planung würde man vorhandene Mauern, soweit das irgend möglich ist, nicht verändern. Es müssten nur hier und da Trennwände eingezogen werden. Die Staufermauern würde man nicht antasten, damit ihnen die "Würde des Alters" erhalten bleibt. Auch zwei noch erhaltene, wasserbetriebene Aufzüge (einer für Personen, einer für Speisen) würden erhalten, aber natürlich nicht mehr benutzt werden.

 

Was dann kam, schockierte die anwesenden Zuhörer dann doch etwas. Architekt von Soden erklärte seine Vorstellung, die Hauptzufahrt zum Schloss - auch die für die schweren Baufahrzeuge und LKW - über den vorhandenen Damm zwischen den beiden Weihern zu führen. Der Damm sei stabil genug und die Zufahrt über den vorhandenen Parkplatz wäre dann wieder "wie früher" auf den alten Stichen. Weitere Parkplätze in unmittelbarer Nähe des Schlosses sind nicht vorgesehen!

 

Zum Ende der Informationsveranstaltung konnten die Anwesenden dann noch Fragen stellen.

Die drängenste Frage wurde allerdings nicht beantwortet: "Was wird die Stadt Wächtersbach der Kauf des Schlosses und der Parkanlage kosten?" Bürgermeister Weiher verwies auf die laufenden Verhandlungen und dass er mit Nennung einer Summe den Verhandlungen nur schaden würde.

Wer die bisherigen Kosten getragen hatte, konnte nach einigen Rückfragen beantwortet werden: der jetzige Besitzer hat die Kosten getragen.

Die Frage nach weiteren Parkplätzen und der jetzt schon knappen Parkplatzsituation in Wächtersbach, beantwortete Weiher: "Es wird keine zusätzlichen Parkplätze geben." Man könne das Schloss in wenigen Gehminuten vom Bahnhof über die Poststraße zu Fuß erreichen

Die Frage nach den übrigen Gebäuden, die zum ursprünglichen Schloss gehörten, beantwortete Weiher mit der Klarstellung, dass das ehemalige Brauereigelände im Besitz einer Immobilien GmbH sei, die indirekt der Büdinger Fürstenfamilie gehöre.

Auch zur eingestürzten Mauer äußerte sich der Bürgermeister: Die Bruchsteine sind gesichert und werden zu gegebener Zeit wieder aufgebaut. Wann steht noch nicht fest.

 

 

Wenn das Schloss so umgebaut wird, wie die gezeigten Pläne verrieten, wird es ein Schmuckstück für Wächtersbach werden. Der alte Bestand an Mauern wird dem Gebäude ein besonderes Flair verleihen.

 

Da bleibt aber die Frage nach den Kosten. Das renovierte Gebäude soll gekauft werden, was sicher eine beachtliche Summe sein wird - auch wenn es Zuschüsse von Bund und Land dafür gegeben hat (für den jetzigen Bauherrn und Beisitzer). Bleibt bei dem Abtrag des Kredites für diesen Kauf dann noch genug Geld, das Gebäude auch in dem renovierten Zustand zu erhalten?? - oder geht es ihm dann auch wie dem jetzigen Rathaus, das durch einen Renovier-Stau in einen miserablen Zustand geraten ist?

Neben dem Unterhalt für das Schloss/Rathaus bleibt an der Stadt ja auch die Renovierung der Heinrich-Heldmann-Halle (Stadthalle) hängen, die nun doch nicht von Globus übernommen werden wird.

 

Und noch eine Frage stellt sich mir? Warum hat die Stadt das Schloss nicht selbst gekauft und renoviert? Es wird doch sicher durch diesen Umweg über Dritte nicht preisgünstiger werden. Kein Unternehmer lebt vom Drauflegen!

 

Was ich auch sehr schade finde ist, dass der Park durch die Benutzung des Damms als Zufahrtsstraße an Attraktivität viel verlieren wird. Ob es die schönen Rosen dann noch gibt und ob die Teiche nach den Bauarbeiten noch dicht sind, wird auch abzuwarten sein. Schade, dass man hier keine andere Lösung gefunden hat.

 

Hat man eigentlich schon Planungen für das romantische Forsthaus mit dem Mühlrad und dem Wasserfall gemacht, das nach Rückkauf von Schloss und Park ja auch in den Besitz der Stadt gelangen soll? Hoffentlich geistert nicht die Idee "Abreißen und Parkplätze anlegen" in irgendwelchen Köpfen. Mein Vorschlag? Ein Cafe bzw. Eiscafe in diesen gemütlichen Teil des Parks und die Gastronomie im Schloss eher von gehobenem Standard (Schloss-Restaurant). 

 

Seit 1977 stand das Schloss leer. Große Pläne mit Hotel und Altenheim u.ä. gab es in den vergangenen Jahre viele, nur getan wurde für das Gebäude absolut nichts. Ein großes "Dankeschön" deshalb an unseren Bürgermeister Weiher, der ein glückliches Händchen, viel Geduld und Verhandlungsgeschick hatte und einen kompetenten Käufer für das Schloss gefunden hat - und mit diesem nun auch ein sehr gutes Konzept für das Projekt Rathaus im Schloss gefunden hat. Auch wenn es noch viele Fragen gibt - bisher ist diese Lösung die beste!

Gudrun Kauck

 

14.11.2014

 

>> mehr über Wächtersbach auf meiner Website

 

 

© Copyright Text und Fotos auf dieser Seite bei www.gudrun-kauck.de

Download und Weiterverwendung nicht gestattet.