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Hesseldorf – Unser Stadtteil von Wächtersbach

 

Vortrag bei der Seniorengemeinschaft Hesseldorf-Neudorf-Weilers

Carl Albin Mülhardt

"Es ist eine Kunst, der Kunst zu leben."

 

von Gudrun und Reinhard Kauck

am 13.09.2022 im Gemeinschaftshaus Hesseldorf

 

 

Die Seniorengemeinschaft Hesseldorf-Neudorf-Weilers hatte uns eingeladen, einen Vortrag beim Senioren-Nachmittag zu halten. Da wir uns in der letzten Zeit viel mit dem Kunstmaler Carl Albin Mülhardt beschäftigt hatten und auch einige seiner Werke erworben haben, bot sich dieses Thema für den Vortrag an. Nachfolgend eine kleine Zusammenfassung davon.

 

Einige unserer Bilder hatten wir zum Vortrag mitgebracht.

Mülhardt war ein studierter Maler, der aber wegen seines ihm eigenen Lebensstils nicht so bekannt wurde, wie Künstlerkollegen aus der gleichen Generation. Das ist sehr schade! Wir wollen deshalb versuchen, wenigstens etwas von seinem Schaffen zu erhalten und sind gerade dabei ein Werkverzeichnis zu erstellen. Also eine Aufstellung, in der alle seine bisher bekannten Werke zusammengestellt werden - nicht im Original, sondern es reicht auch eine Fotografie dafür aus.

Bisher haben wir 178 verschiedene Arbeiten gefunden und zusammengestellt. Es überrascht uns dabei immer wieder wie vielseitig Mülhardt war - und dennoch unverkennbar. Wir haben von Kunst sehr wenig Ahnung, aber trotzdem erkennen selbst wir die Bilder schon an seinem speziellen Stil zu malen.

 

Sicher kann sich der Eine oder Andere noch an den kauzig wirkenden, schlanken Mann erinnern, der in Sandalen und mit Rucksack, Malutensilien und Stativ durch die Gegend gezogen ist. Im Sommer hatte er dazu noch ein geknotetes Taschentuch gegen die Sonne auf dem bereits kahlen Kopf. Das war der Maler Carl Albin Mülhardt, ein angesehener, renommierter Künstler, der sich nicht verformen lassen wollte und künstlerisch gegen den Strom schwamm. Während an den Akademien statt Impressionismus (einen realen Eindruck wiedergeben) nun Expressionismus (den Eindruck aus der Sicht des Künstlers wiedergeben) gelehrt wurde, wollte Mülhardt seine Motive lieber realistisch abbilden - etwa in der Tradition eines Hans Holbein. Das machte es ihm nicht immer leicht.

 

1934 baute Carl Albin Mülhardt dann das markante Holzhaus mit Atelier am Hesseldorfer Holderstrauch. Er war ein besonderer Mensch, der es vermutlich in der Zeit des Nationalsozialismus nicht leicht hatte. Seine Lebensweise war anders. Wozu wir heute Greta brauchen, kannte man auch schon vor über 100 Jahren. Es hieß damals nur noch anders: "Lebensreform-Bewegung". 

Die Schäden der Zivilisation sollten durch ökologische Landwirtschaft, vegetarische Ernährung, Alkohol-Abstinenz, Reform-Kleidung, FKK und Naturheilverfahren überwunden werden. Dieser Lebensform fühlte sich Mülhardt sehr verbunden.

Carl Albin Mülhardt lebte hauptsächlich vegetarisch und von Rohkost. Gemüse wurde im eigenen Garten angebaut. Er und seine Frau lebten Freikörperkultur und empfingen so auch schonmal die Besucher.

 

Geboren wurde Carl Albin Wilhelm Müller - so hieß der Maler eigentlich - am 01. Oktober 1884 in Arendsee in der Altmark (heute Sachsen-Anhalt). Sein Vater war Amtgerichtsdirektor in Arendsee. Gleich nach Abschluss der Schule hatte Carl Albin den Ort verlassen und in Düsseldorf, München, Königsberg und Kassel Kunstakademien besucht.

 

 Foto: Privat - Carl Albin Mülhardt mit seiner Familie 1910

1909 hatte Carl Albin Marie Mannhardt kennengelernt und geheiratet. 1910 wurde der erste Sohn Knud geboren. Zu der Zeit lebte die Familie in Hamburg und Lüneburg.

Auf dem Foto sehen wir ihn als 26jährigen mit seiner Ehefrau, seiner Mutter, seiner Schwester und seiner Großmutter.

Da ihm der Name "Müller" als Künstler sicher zu banal erschien, firmierte er nach der Hochzeit als Müller-Mannhardt. Daraus entwickelte er dann den Kunstnamen "Mül-hardt" - zusammengesetzt aus Müller und Mannhardt. 1920 wurde der Name standesamtlich eingetragen und die Familie umbenannt. Mülhardt war nun der neue Familienname.

Mülhardt hatte fünf Kinder, die beim Umzug nach Hesseldorf aber schon erwachsen waren - zwei Söhne und drei Töchter.

Den Ersten Weltkrieg erlebte Mülhardt als Soldat. Ihm blieb eine Schwerhörigkeit. Im Zweiten Weltkrieg verlor er in den letzten Kriegsjahren beide Söhne und wurde selbst noch zurm Volkssturm eingezogen. In einigen seiner Bilder verarbeitete er diese schwere Zeit.

Nach der Scheidung von seiner ersten Frau heiratete er Emilie Aberle, die aber bereits 1958 verstarb. Seine dritte Ehefrau, Amalie Haller, heiratete er 1959 mit 75 Jahre. Sie überlebte den Maler.

 

Foto: Aquarell in Privatbesitz

Hesseldorf wie es früher war hat Mülhardt als Aquarell festgehalten - bisher haben wir noch kein weiteres Aquarell-Bild von Mülhardt gefunden. Ein Blick in die Borg mit dem Reutzels Häuschen und rechts dem Haus der Familie Werth, das es inzwischen schon nicht mehr gibt.

 

 

Dass es gleiche Motive mehrfach gibt, war uns zuerst gar nicht aufgefallen. Mal tauchte ein Bild in einer Ausstellung auf, mal hatte es jemand zuhause. Es hätte ja das gleiche Bild sein können - wären da nicht die kleinen Unterschiede, die erst auf den zweiten Blick und im Vergleich auffallen. (Farbunterschiede entstehen auch durch verschiedene Lichtverhältnisse beim Fotografieren).

 

 

Immer wieder nutzte Mülhardt die wunderschöne Aussicht von seinem Atelier in  Hesseldorf ins Kinzigtal für seine Bilder. Immer wieder der etwa gleiche Standort, mal mit den Zügen der Kinzigtalbahn und der Vogelsberger Südbahn, die noch von Dampfloks gezogen werden, ebenso ohne Züge oder im Winter. Hält man die Bilder nebeneinander, erkennt man immer wieder die Große Kuppe hinter Aufenau und die beiden Täler - Kinzigtal und Brachttal, die hier aufeinandertreffen.

 

Bekannt wurde Carl Albin Mülhardt weit über Hesseldorf hinaus mit seinen Kinder-Porträts. Wir haben als Beispiel Porträts von Hesseldorfern zusammengestellt. Die Bilder sind meist 20x30 cm groß und - bis auf Ausnahmen - in Pastell gezeichnet. Auf einem farbigen Papier mit Kreide.

(Beim Vortrag haben wir 12 Porträts von Hesseldorfern gezeigt.)

 

Foto: Bild in Privatbesitz

Die meisten der bisher gesichteten Gemälde von Mülhardt sind mit Tempera-Farben auf Holz oder Zeichenkarton gemalt. Dieses Bild hier ist in Öl auf Leinwand - eines der ganz wenigen in dieser Technik bisher gefundenen und ins Werkverzeichnis aufgenommenen Bilder.

 

 

Neben dem Gemälde, an dem man meist einen Künstler schon erkennt, gibt es auch noch die Signatur, die das Bild dann unverwechselbar macht wie eine Unterschrift.

Carl Albin Mülhardt hat mit verschiedenen Signaturen und Künstlerzeichen seine Bilder kenntlich gemacht. Nicht nur das bekannte geschwungene "M" ist eine Signatur von Mülhardt. Wie man in der Zusammenstellung oben sieht, hat er seine Signatur immer wieder verändert.

 

Carl Albin Mülhardt lebte 42 Jahre in Hesseldorf - von 1934 bis 1976. Er hatte schon viele Stationen seines Lebens hinter sich und war nun aus den Rheinland - aus Hilden bei Düsseldorf - nach Hesseldorf gekommen - in einer Zeit, die sicher auch im kleinen Hesseldorf nicht einfach war und in der Menschen oft sehr diskriminiert oder verspottet wurden, wenn sie anders waren oder anders lebten.

In der kleinen Gemeinde, die er sich als Alterssitz ausgesucht hatte - denn er war ja schließlich schon 50 Jahre alt, als er hierher zog - war er zwar ein Außenseiter, aber das Anderssein des Künstlers wurde hier akzeptiert. Seine Familie und er konnten hier ungestört leben. Wir finden das für so ein kleines Dorf wirklich bemerkenswert.

 

Wie sehr Mülhardt sich mit seiner neuen Heimat verbunden fühlte, sieht man an den vielen Bildern von Hesseldorf und Umgebung, die er gemalt hat.

 

Carl Albin Mülhardt wurde 91 Jahre alt und ist auf dem Friedhof in Hesseldorf beigesetzt.

 

          

                Das bekannte Haus des Malers am Holderstrauch                               Selbstporträt von C.A, Mülhardt

 

 

 

Ingrid Müller hatte mit ihrem Team zum Senioren-Nachmittag eingeladen

 

Fast 50 Zuhörer lauschten dem Vortrag

 

Gudrun Kauck, 23.09.2022

 

>>> mehr über Hesseldorf auf meiner Website

>>> 1. Hesseldorfer Nachmittag 2011 - 540 Jahre Hesseldorf

>>> 2. Hesseldorfer Nachmittag 2012 - 28.10.2012

>>> 3. Hesseldorfer Nachmittag 2013 - 20.10.2013

>>> 4. Hesseldorfer Nachmittag 2014 - 19.10.2014

>>> 5. Hesseldorfer Nachmittag 2015 - 25.10.2015

 

 

 

 

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